Die Ingenieurkammern - Partner bei der Professionalisierung unseres Berufsbildes

In der Öffentlichkeit ist das Image von Restauratorinnen und Restauratoren zumeist sehr positiv besetzt – ja, hierfür beneidet uns sicherlich so manche Berufsgruppe. In vertiefenden Gesprächen, sei es mit Freunden, Fachpartnern oder gar Politikern, ist aber oft eine gewisse Enttäuschung zu spüren – das wissenschaftlich geprägte Berufsbild wiederspricht zuweilen den romantischen Vorstellungen hinsichtlich eines vermeintlich so kreativen und handwerklichen Berufes. Dass Restauratoren durchaus Hand anlegen und zugleich kreative Fähigkeiten benötigen, um die überaus herausfordernden Problemstellungen zu bewältigen, kann dabei die Missverständnisse nur in Ausnahmefällen gänzlich ausräumen.

Doch in der direkten Interaktion mit den Partnern im Kulturerbeerhalt wird schnell klar, dass die Kenntnisse zu den Bestandsmaterialien, der Wirkungsweise von Konservierungsmethoden und -materialien in Zusammenhang mit überaus komplexen Schadensvorgängen unverzichtbare Kompetenzen darstellen, welche für die erfolgreiche Bearbeitung von Denkmalen und Kulturgut zunehmend gewürdigt werden. Es ist daher folgerichtig, dass sich in unserem Berufsbild über die fortschreitende Akademisierung der letzten 50 Jahre eine eher technisch-wissenschaftliche Prägung entwickelt hat. Zuweilen werden im Studium sehr ähnliche Inhalte wie im Ingenieurwesen vermittelt, so z.B. an der Fachhochschule Potsdam.

50 Prozent Anteil an MINT-Fächern

Auch aufgrund dieser Grundvoraussetzung nimmt die Brandenburgische Ingenieurkammer (BBIK) nun seit über vier Jahren Restauratoren als Mitglieder auf. Es ist lediglich der Nachweis eines mind. 50%-igen MINT-Anteils (MINT: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) zu erbringen, der für Potsdamer Absolventen im Oktober 2016 über eine Stellungnahme der Fachhochschule Potsdam bestätigt wurde. Inzwischen wurden auch in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt und Thüringen Restauratoren in die jeweilige Landeskammer aufgenommen. Hierzu wird der über 50%ige MINT-Anteil nun auch über die Hochschulen in Stuttgart, Dresden und Berlin auf Anfrage schriftlich bekundet.

Doch warum sollten Restauratoren den Status eines Ingenieurs erlangen, wo liegt der Sinn einer solchen Initiative? Zum einen könnte der Anreiz darin liegen, als ungeregelter, freier Beruf eine gewisse berufspolitische Heimat zu etablieren, zum anderen werden vor allem ganz pragmatische Eigeninteressen auf den Wunsch einer Kammerzugehörigkeit hinwirken. So werden es in erster Linie in der Fachplanung aktive Restauratoren sein, die eine Kammermitgliedschaft anstreben. Als anerkannter Ingenieur ist es gegenüber dem Finanzamt aber grundsätzlich auch wesentlich leichter, seine Freiberuflichkeit zu bezeugen.

Lukrative Altersvorsorge aufbauen

Es sei an dieser Stelle zudem angemerkt, dass über das Versorgungswerk der Ingenieurkammern eine durchaus lukrative und sichere Altersvorsorge aufgebaut werden kann. Die Nutzung des Versorgungswerkes ist aber lediglich bei einem Eintritt vor dem 45. Lebensjahr möglich und kann eine bereits abgeschlossene gesetzliche Vertragsbindung ablösen. Bei einer einfachen Mitgliedschaft – auch freiwillige Mitgliedschaft genannt – ist der Eintritt in das Versorgungswerk grundsätzlich freiwillig; zudem bleibt hierbei der Beitrag zur Altersvorsorge in der Regel variabel. Über den zusätzlichen Eintrag als Beratender Ingenieur wird das Versorgungswerk allerdings verpflichtend.

Sollte nun das Interesse an einer Kammermitgliedschaft geweckt sein, so ist es ratsam, sich zuerst mit der jeweiligen VDR-Landesgruppe in Verbindung zu setzen, um gemeinsam eine landesspezifische Strategie zu entwickeln – soweit noch nicht vorhanden. Denn die Ingenieurkammern zeigen sich in den verschiedenen Bundesländern doch recht unterschiedlich aufgeschlossen hinsichtlich restauratorischer Anliegen. So zeigen z.B. Hessen, Sachsen oder Nordrhein-Westfalen bisher nur wenig Verständnis für eine Kooperation von Restauratoren und Ingenieuren. Aber auch hier sollte weiterhin Überzeugungsarbeit geleistet werden, wobei die jeweilige VDR-Landesgruppe eine Schlüsselrolle spielen muss. Eine strategische Hilfestellung kann in jedem Fall über Olaf Schwieger und die Brandenburgische Ingenieurkammer (BBIK) sowie die VDR-Geschäftsstelle erwirkt werden.

Neue Planerversicherung der HDI

Eine Besonderheit stellt sicherlich auch die neu entwickelte Planerversicherung der HDI dar, welche erstmals die Berufsrisiken von Restaurierungsplanern in Form einer Berufshaftpflichtversicherung absichert. Diese wurde in enger Zusammenarbeit mit der BBIK und dem VDR entwickelt und ist zugleich Grundvoraussetzung für eine Mitgliedschaft in den Kammern. Hierdurch ist es gelungen, einen wichtigen Baustein in der Professionalisierung unseres Berufsbildes hinzuzufügen. Erstmals wird es nun möglich sein, offiziell als Fachplaner in der Restaurierung tätig zu werden – der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist für jeden Fachplaner eine Grundvoraussetzung.

Auch in die Zukunft gedacht wird es hoffentlich so manchen positiven Impuls aus den Ingenieurkammern geben. So arbeitet zurzeit ein Arbeitskreis aus Vertretern der BBIK und dem VDR an einer Honorarordnung für Restauratoren. Als erster Schritt wurde ein Merkblatt zu Honorarsätzen erarbeitet und auf der Webseite der BBIK veröffentlicht.

VDR-Berufsregister weiterentwickeln

Zudem ist eine offizielle Listenführung für Restauratoren geplant, wobei angestrebt wird, das VDR-Berufsregister über die Kammern weiter zu entwickeln und zu zertifizieren. Es wird sich zeigen, ob dies nur auf ein Bundesland bezogen geschehen wird oder eventuell auch über ein einheitliches Bundesregister, welches dann möglicherweise über nur eine Kammer geführt werden könnte. Die besondere Idee einer solchen Initiative besteht in dem Umstand, dass auch Restauratoren außerhalb von Kammermitgliedschaft und Denkmalbaustellen sich listen könnten.

Nicht zu vergessen wäre die Möglichkeit des Einbringens unserer Berufstitelschutzinitiativen mit Unterstützung der Ingenieurkammern. Die gute politische Vernetzung der Kammern mit der Landespolitik und die Idee einer Listenführung über die Kammern könnte Vorbehalte in der Politik, aber auch Kosten in der Durchführung reduzieren. Eine entsprechende Initiative wird zurzeit in Brandenburg getestet.

Olaf Schwieger
Vizepräsident VDR
November 2019


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