Die Zukunft des Bauens beginnt jetzt: Bauindustrie 4.0 als Schlüssel für eine nachhaltige Bauwirtschaft
Digitalisierung, Automatisierung und Nachhaltigkeit – unter diesen Leitbegriffen entwickelt sich die Bauwirtschaft in eine neue Ära: die der Bauindustrie 4.0. Während viele Branchen längst umfassend digitalisiert arbeiten, hinkt der Bausektor in vielen Bereichen noch hinterher. Das will ein ambitioniertes Forschungsprojekt der Technischen Universität Braunschweig nun ändern – mit einer weltweit einzigartigen „digitalen Baustelle“.
Die digitale Baustelle als Innovationsmotor
Das Projekt „Die Digitale Baustelle – Bauindustrie 4.0“ setzt dort an, wo in der Praxis oft noch analoge Prozesse dominieren: auf der Baustelle selbst. An der Beethovenstraße in Braunschweig entsteht eine Forschungsinfrastruktur, die reale Bedingungen simuliert – jedoch mit digital gesteuerten Großgeräten, automatisierten Anlagen und intelligenten Sensoren. Ziel ist es, neue Fertigungstechnologien unter echten Baustellenbedingungen zu testen und damit Impulse für die Praxis zu liefern.
Herzstück der Anlage ist eine sechs Meter hohe 3-D-Druckeinheit, mit der großformatige Betonbauteile additiv gefertigt werden. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern reduziert auch den CO₂-Ausstoß und erhöht die Arbeitssicherheit auf der Baustelle.
Additive Fertigung: Mehr als nur 3-D-Druck
Gerade der 3-D-Betondruck gilt als Schlüsseltechnologie für die nachhaltige Transformation der Bauwirtschaft. Er verzichtet auf klassische Schalungen, ermöglicht komplexe Geometrien ohne Materialverschwendung und erlaubt die Fertigung direkt am Einsatzort. Die Vorteile sind vielfältig:
- Material- und Ressourceneffizienz: Beton wird nur dort eingesetzt, wo er statisch benötigt wird.
- Zeitersparnis: Durchgängige Prozessketten verkürzen Bauzeiten erheblich.
- Qualitätssicherung: Automatisierte Prozesse und digitale Überwachung gewährleisten konstant hohe Standards.
- Arbeitsschutz: Gefährliche, manuelle Arbeitsschritte werden reduziert.
Digitalisierung auf allen Ebenen
Die „digitale Baustelle“ geht jedoch weit über den Einsatz moderner Maschinen hinaus. Im Zentrum steht eine ganzheitliche Prozessdigitalisierung: Vom Entwurf über die Fertigung bis hin zur Montage werden Daten nahtlos ausgetauscht. Die Basis hierfür bildet das Building Information Modeling (BIM) – ein 3D-basiertes Kollaborationsmodell, das alle am Bau Beteiligten zusammenbringt.
Das Digital Engineering Center fungiert dabei als Schaltzentrale. Es verknüpft Planungsdaten mit Bauprozessen, visualisiert Abläufe und ermöglicht Virtual-Reality-gestützte Simulationen. So lassen sich potenzielle Fehlerquellen bereits vor der Ausführung identifizieren und eliminieren.
Qualitätssicherung durch Sensorik und Echtzeitdaten
Ein weiterer Baustein des Projekts ist die Qualitätssicherung mithilfe intelligenter Sensorik und automatisierter 3-D-Vermessungsverfahren. Damit können Bauteile während und nach dem Druckprozess auf Maßhaltigkeit und Schäden überprüft werden – vollautomatisch und in Echtzeit. Ergänzend erfassen Messsysteme Umwelteinflüsse wie Wind und Temperatur, um die Auswirkungen auf das Materialverhalten zu analysieren.
Relevanz für Brandenburgs Bauwirtschaft
Auch für die brandenburgische Bau- und Ingenieurbranche bietet das Projekt bedeutende Anknüpfungspunkte. Der Transformationsprozess zur Bauindustrie 4.0 wird mittel- bis langfristig alle Marktakteure betreffen. Planungsbüros, Bauunternehmen und öffentliche Auftraggeber müssen sich frühzeitig mit den neuen Technologien vertraut machen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch hinsichtlich neuer Anforderungen an Projektorganisation, Ausbildung und Prozesseffizienz.
Die TU Braunschweig lädt explizit zur Zusammenarbeit ein: Regionale Unternehmen sollen in künftige Forschungsprojekte eingebunden werden, um einen aktiven Wissenstransfer zu gewährleisten.
Quelle: https://kurzlinks.de/ros6