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BBIK ...denn Ingenieure bauen (d)eine Zukunft

Gut beraten in der Zielfindungsphase – Was Ingenieurinnen und Ingenieure jetzt über § 650p Abs. 2 BGB wissen müssen

Die Modernisierung des Bauvertragsrechts hat das Fundament für eine klarere Zusammenarbeit zwischen Auftraggebern und Planern gelegt. § 650p BGB, eingeführt im Jahr 2018, bringt insbesondere für Ingenieurinnen und Ingenieure eine rechtlich präzise, aber auch anspruchsvolle Verantwortung mit sich: die Durchführung der sogenannten Zielfindungsphase, wenn die Planungs- und Überwachungsziele zu Vertragsbeginn noch nicht hinreichend konkret bestimmt wurden.

Zielfindungsphase nach § 650p Abs. 2 BGB – was ist das eigentlich?

Fehlt zu Beginn eines Planervertrags eine klare Vereinbarung über die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele, so sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass eine Zielfindungsphase durchlaufen werden muss. Ziel dieser Phase ist es, eine belastbare Planungsgrundlage sowie eine Kosteneinschätzung zu erstellen, auf deren Basis der Auftraggeber fundiert entscheiden kann, ob er das Bauvorhaben durchführen möchte.

Diese Anforderungen gelten gleichermaßen für Architekten wie für Ingenieurverträge und sind damit für viele Mitglieder der Brandenburgischen Ingenieurkammer hochrelevant.

Was gehört zur Zielfindungsphase?

Die gesetzlich geforderten Elemente sind:

  • Planungsgrundlage: Ein konzeptioneller Vorentwurf mit ausreichend Detaillierungsgrad, um die Vorstellungen des Auftraggebers greifbar zu machen. Inhaltlich entspricht dies mindestens den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 und 2 HOAI – allerdings nicht zwingend abschließend. Je nach Projektkomplexität kann ein höherer Detaillierungsgrad erforderlich sein.
  • Kosteneinschätzung: Anders als die "Kostenschätzung" in der HOAI ist sie hier eher als grobe Budgeteinschätzung zu verstehen. Sie soll dem Auftraggeber helfen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einzuschätzen – ohne zwingende Gliederung nach DIN 276.

Wichtig: Die Zielfindungsphase ist keine bloße Vorbesprechung, sondern ein strukturiertes, dokumentiertes Verfahren mit klarer Zielsetzung.

Ingenieurpraxis: Worauf sollten Sie achten?

  1. Dokumentation in Textform: Die Übergabe der Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung an den Auftraggeber muss in Textform (§ 126b BGB) erfolgen – eine bloß mündliche Mitteilung reicht ausdrücklich nicht. Nutzen Sie E-Mail, PDF-Dokumente oder vergleichbare Formate mit nachvollziehbarer Übermittlung.
  2. Abschlusserklärung beifügen: Sie sollten klar festhalten, dass die Zielfindungsphase nun abgeschlossen ist und der Auftraggeber zur Zustimmung oder Kündigung gemäß § 650r BGB innerhalb von 14 Tagen aufgefordert wird. Diese Erklärung schützt Sie vor späteren rechtlichen Auseinandersetzungen.
  3. Varianten anbieten: Will der Auftraggeber sich Gestaltungsoptionen offenhalten, können auch mehrere Varianten mit zugehöriger Kosteneinschätzung die Zielfindungsphase wirksam abschließen – ein wertvoller Praxisansatz.

Rechtliche Risiken bei Versäumnissen

Wer als Ingenieur die Zielfindungsphase überspringt, riskiert mehr als nur organisatorische Komplikationen:

  • Kein Anspruch auf weitere Vergütung: Ohne Abschluss der Zielfindungsphase besteht kein Anspruch auf Honorare für nachfolgende Planungsleistungen.
  • Schadenersatzpflicht: Muss nachträglich umgeplant werden, weil die Grundlagen fehlen, droht ein Ersatzanspruch des Auftraggebers.
  • Gefahr der Sonderkündigung: Der Auftraggeber kann vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen – selbst wenn die eigentliche Planung schon fortgeschritten ist.

Rechtssicher planen beginnt mit der Zielfindung

Die Zielfindungsphase ist nicht nur eine gesetzlich vorgeschriebene Etappe, sondern auch ein zentraler Baustein für ein partnerschaftliches und erfolgreiches Bauprojekt. Sie schafft Klarheit, reduziert spätere Änderungswünsche und schützt beide Seiten – fachlich, wirtschaftlich und rechtlich.

Für Mitglieder der Brandenburgischen Ingenieurkammer bedeutet das: Nehmen Sie die Zielfindung ernst, gestalten Sie sie aktiv und dokumentieren Sie jeden Schritt sorgfältig. So schaffen Sie die Grundlage für ein belastbares Planungsverhältnis – und sichern sich zugleich Ihre berechtigten Honoraransprüche.

Quelle: https://kurzlinks.de/r7fo 

© Yakobchuk Olena | AdobeStock
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