Gut geplant ist halb gebaut: Die Bedeutung der Vereinbarung wesentlicher Planungsziele im Architektenvertrag

Wer als Architekt oder Ingenieur einen Planungsvertrag abschließt, steht häufig vor einem Dilemma: Der Bauherr weiß, dass er bauen will – aber nicht genau was. Oft bleiben entscheidende Fragen wie die Art der Nutzung, das Raumprogramm oder die gewünschte Bauweise zunächst offen.

Dennoch wird schon ein Vertrag geschlossen, der eine umfassende Planung umfasst. Spätestens an diesem Punkt wird es juristisch heikel.

Seit dem 01.01.2018 verlangt das neue Bauvertragsrecht (§ 650p ff. BGB), dass die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele entweder bereits bei Vertragsschluss klar vereinbart oder im Rahmen einer Zielfindungsphase nachträglich definiert werden. Ansonsten droht ein Sonderkündigungsrecht des Bestellers (§ 650r BGB) – mit allen finanziellen und haftungsrechtlichen Konsequenzen.

Was sind „wesentliche Planungsziele“?

Der Gesetzgeber lässt Architekten und Bauherren mit dieser Frage nicht allein – aber auch nicht mit klaren Vorgaben. „Wesentlich“ sind laut Gesetzesbegründung jene Ziele, ohne die eine konkrete Planung überhaupt nicht sinnvoll möglich ist. Dazu zählen z. B.:

  • Nutzungsart des Gebäudes (Wohn-, Büro-, Gewerbebau usw.)
  • Anzahl der Geschosse
  • Art des Daches oder Tragwerks
  • Raumprogramm
  • grober Kostenrahmen

Wichtig ist: Diese Ziele müssen vor Beginn der eigentlichen Planung – also vor der Leistungsphase 3 der HOAI – eindeutig festgelegt sein. Eine bloße Bedarfsermittlung reicht dafür nicht aus. Es muss ein belastbares gemeinsames Verständnis über die zu planende bauliche Anlage bestehen.

Die Zielfindungsphase: Pflicht oder vermeidbar?

Liegt bei Vertragsschluss keine Vereinbarung über die wesentlichen Planungsziele vor, ist die Durchführung der Zielfindungsphase verpflichtend. Sie dient dazu, gemeinsam mit dem Bauherrn die Planungsgrundlage zu erarbeiten. Das ist auch dann erforderlich, wenn nur die Leistungsphasen 1 und 2 beauftragt wurden – eine weitverbreitete Fehlannahme in der Praxis.

Die Zielfindungsphase endet mit der Vorlage einer Planungsgrundlage inkl. einer ersten Kostenschätzung. Erst dann hat der Bauherr alle Informationen, um über die Durchführung der eigentlichen Planung zu entscheiden – und kann sich ggf. im Rahmen des Sonderkündigungsrechts wieder aus dem Vertrag lösen.

Wie lassen sich Unsicherheiten vermeiden?

1. Zielvereinbarungen dokumentieren:
Ein wirksamer Weg zur Vermeidung der Zielfindungsphase ist, die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele bereits im Vertrag konkret zu definieren. Das kann auch mündlich oder konkludent erfolgen – ist dann aber schwer nachweisbar. Schriftliche Dokumentation ist daher dringend zu empfehlen.

2. „Leistungsphase Null“ vertraglich einführen:
In der Praxis hat sich die Einführung einer vorgelagerten „Leistungsphase Null“ etabliert. Diese umfasst Bedarfsanalysen, Machbarkeitsstudien oder Standortbewertungen. Die dabei erarbeiteten Ergebnisse können dann zur vertraglichen Grundlage der eigentlichen Planungsleistung gemacht werden.

Aber Achtung: Auch hier gilt – nicht jede Bedarfsermittlung enthält bereits die wesentlichen Planungsziele im Sinne des § 650p BGB. Die Zieldefinition muss konkret, verständlich und für beide Parteien verbindlich sein.

3. Rechtliche Risiken im Blick behalten:
Verzichtet der Architekt auf die Zielfindungsphase, obwohl sie notwendig gewesen wäre, kann dies zu Haftungsansprüchen führen. Kommt es dann zu Unklarheiten über das Planungsziel oder zu Projektabbrüchen, drohen finanzielle Einbußen.

Sorgfalt schützt vor Streit

Für Architekten und Ingenieure ist die Vereinbarung der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele kein bürokratischer Formalismus, sondern ein Instrument zur Projektsicherung. Nur wenn der Auftraggeber weiß, was er will – und dies gemeinsam mit dem Planer vertraglich fixiert – entsteht eine belastbare Grundlage für eine erfolgreiche Projektabwicklung.

Wer hier sorgfältig dokumentiert, schafft nicht nur Klarheit und Rechtssicherheit, sondern stärkt auch seine eigene Position – etwa bei späteren Änderungswünschen oder Nachtragsforderungen.

Quelle: https://kurzlinks.de/0m2i

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