Vergaberechtsreform 2025: Bundesingenieurkammer warnt vor Aufweichung des Losgrundsatzes
Die Bundesingenieurkammer hat am 28. Juli 2025 eine Stellungnahme zum aktuellen Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes veröffentlicht. Der Gesetzesentwurf, mit dem die Bundesregierung die Vergabeverfahren im öffentlichen Sektor vereinfachen und beschleunigen will, wird grundsätzlich begrüßt – insbesondere mit Blick auf Digitalisierung und Bürokratieabbau.
Gleichzeitig weist die Bundesingenieurkammer auf kritische Punkte hin, insbesondere im Hinblick auf die vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der losweisen Vergabe.
Hintergrund: Was ist losweise Vergabe?
Die losweise Vergabe ist in § 97 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. Sie verpflichtet öffentliche Auftraggeber dazu, Leistungen in Teillose oder Fachlose aufzuteilen, sofern dies wirtschaftlich sinnvoll ist. Ziel ist es, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) die Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen zu erleichtern.
Kritikpunkt: Ausnahme für Projekte aus dem Sondervermögen des Bundes
Der aktuelle Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes sieht Ausnahmen von der losweisen Vergabe für dringliche Projekte vor, die aus dem Sondervermögen des Bundes finanziert werden. Die Bundesingenieurkammer sieht hierin die Gefahr, dass durch Zusammenfassung mehrerer Vorhaben gezielt Schwellenwerte überschritten werden könnten, um die Verpflichtung zur Losvergabe zu umgehen. Diese Möglichkeit wird als rechtsmissbräuchlich eingestuft.
Darüber hinaus wird angemerkt, dass eine solche Ausnahme zu einer Zunahme von Generalunternehmervergaben führen könnte. Dies hätte potenziell Auswirkungen auf die Marktchancen kleinerer Planungs- und Ingenieurbüros.
EU-Ebene: Reformvorschläge und Empfehlungen
Auch auf europäischer Ebene laufen derzeit Diskussionen zur Reform des Vergaberechts. Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (IMCO) hat am 7. Juli 2025 Empfehlungen ausgesprochen, die auf eine verpflichtende Anwendung der Losvergabe abzielen. Ziel ist es, die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen an Ausschreibungsverfahren zu erleichtern und den Wettbewerb innerhalb des europäischen Binnenmarkts zu fördern.
Die Bundesingenieurkammer weist darauf hin, dass nationale Ausnahmen vom Losgrundsatz den europäischen Empfehlungen widersprechen könnten und somit mit Blick auf zukünftige EU-Vorgaben problematisch sein dürften.
Ausblick: Weitere Gesetzesberatungen stehen an
Das Vergabebeschleunigungsgesetz wird voraussichtlich im weiteren Verlauf des Jahres 2025 im Bundestag beraten. Die Stellungnahmen der Fachverbände, darunter die der Bundesingenieurkammer, fließen in diesen Prozess ein.
Die Entwicklungen werden von der Ingenieurbranche aufmerksam verfolgt, insbesondere hinsichtlich der Frage, inwieweit mittelstandsfreundliche Prinzipien im Vergaberecht gewahrt bleiben.