Selbstverschattende Mauerwerksfassaden als Beitrag zur städtischen Klimaanpassung
Die zunehmenden sommerlichen Temperaturen und die Häufung von Hitzetagen machen die Klimaanpassung im urbanen Raum immer dringlicher. Besonders in Städten führt die hohe Dichte von Gebäuden und versiegelten Flächen zu einer Verstärkung der lokalen Überhitzung.
Das Bundesumweltministerium veröffentlichte bereits 2017 Empfehlungen für kommunale Hitzeaktionspläne, die unter anderem bauliche Maßnahmen zur Minderung von städtischer Hitze vorschlagen.
Ein vielversprechender Ansatz wird derzeit an der Technischen Universität München erforscht: selbstverschattende, keramische Fassaden, die gezielt auf die lokalen klimatischen Bedingungen abgestimmt werden. In Zusammenarbeit mit der Firmengruppe Leipfinger-Bader, dem Architektur- und Designworkshop Studio Molter sowie dem Ingenieurbüro Climaflux entstehen zweischalige Außenwandkonstruktionen aus wärmegedämmten Hintermauerziegeln. Auf diese wird eine individuell konfigurierte Vorsatzschale aus sogenannten Climate Active Envelopes aufgebracht.
Ein digital gesteuertes Tool berechnet den Sonneneinfall und optimiert die Position jedes einzelnen keramischen Bausteins für eine maximale Selbstverschattung der Fassade. Diese Simulationen können direkt in den Entwurfs- und Bauprozess integriert werden: Die erstellten Fassadenstrukturen lassen sich als CAD-Datei exportieren und anschließend von einem Roboterarm präzise umsetzen.
Erste Versuche zeigen, dass durch die selbstverschattende Konstruktion die Fassadentemperatur deutlich gesenkt werden kann. So konnte die Oberflächentemperatur von ursprünglich 48 Grad Celsius um etwa 16 Grad reduziert werden. Gleichzeitig nimmt die Speichermasse der Climate Active Envelopes die verbleibende Wärme auf und gibt sie nachts wieder ab, wodurch ein natürlicher Ausgleich der Temperatur erfolgt.
Für diese innovative Lösung erhielt die Forschungsgruppe bereits 2021 den Deutschen Ziegelpreis. Seitdem wird das Projekt vom Bayerischen Forschungsstift unterstützt und weiterentwickelt. Die Kombination aus digitaler Planung, robotergestützter Umsetzung und physikalisch wirksamer Selbstverschattung bietet einen praxisnahen Beitrag zur Anpassung urbaner Bauten an den Klimawandel.
