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Architektenhonorar unterhalb der Mindestsätze – Wann ist eine spätere Nachforderung ausgeschlossen?

Planerinnen und Planer kennen die Herausforderung: Honorare nach HOAI unterhalb der Mindestsätze vereinbart, dann Nachforderung – ist das zulässig? Das Urteil des OLG Karlsruhe (15.01.2021 – 8 U 109/14), bestätigt durch den BGH (29.03.2023 – VII ZR 91/21), befasst sich genau mit dieser Konstellation und zeigt: Eine spätere Geltendmachung der HOAI-Mindestsätze bleibt in der Regel möglich – Ausnahmen bestehen nur in besonders gelagerten Fällen.

Der Fall: Vereinbartes Pauschalhonorar unter Mindestsatz

Im zugrunde liegenden Fall wurde ein Architekt 2007 mit allen Leistungsphasen für ein Einfamilienhaus beauftragt. Die Parteien vereinbarten ein Honorar auf Basis der Mindestsätze der damals geltenden HOAI 1996/2002. Im weiteren Verlauf verzichtete der Architekt jedoch teilweise auf sein Honorar und stellte zunächst eine niedrigere Schlussrechnung.

Nach Beanstandung durch die Auftraggeber stellte er eine neue Rechnung – diesmal in voller Höhe der Mindestsätze – und forderte ein zusätzliches Resthonorar. Diese Nachforderung wurde gerichtlich überprüft.

Die Entscheidung: Nur ausnahmsweise Vertrauensschutz für Auftraggeber

Das OLG entschied im Sinne des Architekten: Er durfte die Mindestsätze auch nach einer zunächst reduzierten Schlussrechnung geltend machen. Zwar sei es grundsätzlich widersprüchlich, sich auf eine unwirksame Honorarvereinbarung unterhalb der Mindestsätze einzulassen und später doch nach den Mindestwerten abzurechnen. Doch eine Ausnahme davon sei nur dann gegeben, wenn der Auftraggeber auf die Gültigkeit der Honorarvereinbarung vertrauen durfte und sich entsprechend eingerichtet habe – beispielsweise in finanzieller Hinsicht.

Der Maßstab für eine solche Unzumutbarkeit sei dabei hoch anzusetzen. Im konkreten Fall ergab sich keine besondere Härte, obwohl die Nachforderung über 30 % betrug. Frühere Entscheidungen hatten sogar Mehrforderungen von 42 % oder 85 % noch als zumutbar eingestuft.

Was heißt das für die Praxis?

Für Ingenieurinnen und Ingenieure ist die Botschaft klar: Auch bei schriftlicher Honorarvereinbarung unterhalb der HOAI-Mindestsätze bleibt das Recht zur Nachforderung grundsätzlich bestehen – sofern die Vereinbarung formell unwirksam war. Eine vertrauensbegründende Schlussrechnung ist ebenfalls nicht ohne Weiteres bindend, besonders wenn sie von der Auftraggeberseite beanstandet wurde.

Aktuelle HOAI 2021 – Klarere Regeln, neue Chancen

Mit der HOAI 2021 hat sich die Rechtslage verändert: Seither können Honorarvereinbarungen unterhalb oder oberhalb der Basishonorarsätze wirksam in Textform abgeschlossen werden. Auch Änderungen sind möglich – solange sie ebenfalls in Textform erfolgen (§ 7 Abs. 1 HOAI 2021). Das schafft für beide Seiten mehr Flexibilität, aber auch neue Pflichten zur Dokumentation.

Form und Vertrauen entscheiden

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe und die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH stärken die Position von Planerinnen und Planern, die sich auf die Mindestsätze berufen wollen – auch nach anfänglichen Zugeständnissen. Maßgeblich ist jedoch immer der Einzelfall. Die Anforderungen an eine wirksame Abweichung von den HOAI-Vorgaben bleiben hoch. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte jede Abweichung schriftlich dokumentieren und dabei die HOAI-konforme Form wahren.

>> Quelle: https://kurzlinks.de/in1k

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