Der Data Act der EU: Neue Spielregeln für den Datenzugang und die Datenwirtschaft – Was Ingenieue jetzt wissen müssen
Mit dem Inkrafttreten des EU-weit geltenden Data Acts am 11. Januar 2024 und der verbindlichen Anwendung ab dem 12. September 2025 wird ein neues Kapitel der europäischen Datenökonomie aufgeschlagen. Die Verordnung schafft klare Regeln für einen fairen Zugang zu und eine faire Nutzung von Daten – mit weitreichenden Folgen für Ingenieur:innen, Planungsbüros, Bauunternehmen und Hersteller technischer Systeme.
Ein neuer Rechtsrahmen für die digitale Wertschöpfung
Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts – und mit dem Data Act will die EU sicherstellen, dass dieser Rohstoff effizient, sicher und fair genutzt wird. Insbesondere geht es um:
- den Zugang zu und die Nutzung von Daten aus vernetzten Geräten (z. B. Maschinen, Sensoren, Gebäudeautomation),
- die gerechte Verteilung von Datenrechten zwischen Herstellern, Nutzern und Drittparteien,
- die Interoperabilität und Wechselmöglichkeiten zwischen Cloud-Dienstleistern (Cloud Switching),
- sowie Notfallregelungen zum Datenaustausch zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand (B2G).
Der Fokus liegt auf einer fairen Balance zwischen Innovation, wirtschaftlichem Nutzen und Schutz sensibler Informationen.
Was bedeutet das für Ingenieur:innen und technische Unternehmen?
1. Mehr Datenzugang, mehr Verantwortung
Künftig haben Nutzer vernetzter Geräte – also auch Ingenieur- oder Planungsbüros – das gesetzlich verankerte Recht, auf Nutzungsdaten von Maschinen, Geräten oder digitalen Zwillingen zuzugreifen und diese an Dritte weiterzugeben. Für technische Betriebe eröffnet das Chancen:
- Produktoptimierung durch Betriebsdaten
- Datengetriebene Wartung und Monitoring
- Effizientere Planung durch Rückgriff auf reale Nutzungsdaten
Gleichzeitig steigt die Verantwortung, Daten strukturiert zu erfassen, sicher zu speichern und vertragskonform zu nutzen.
2. Verpflichtungen für Hersteller und Systemanbieter
Hersteller technischer Geräte – auch im Bau- und Infrastrukturbereich – müssen ihre Systeme künftig so gestalten, dass Datenzugriffe technisch möglich und standardisiert sind. Das bedeutet:
- Offenere Schnittstellen
- Dokumentation der Datenerhebung
- Klare Datenverantwortlichkeiten in der Lieferkette
Insbesondere für Ingenieurbüros, die mit Systemherstellern zusammenarbeiten, ist es entscheidend, frühzeitig Anforderungen zu formulieren und vertraglich abzusichern.
3. Neue Regeln im Vertragsrecht – Chance für faire Bedingungen
Der Data Act schiebt unfairen Klauseln beim Datenzugang einen Riegel vor. Bei B2B-Vereinbarungen soll die stärkere Partei nicht mehr einseitig festlegen können, wie Daten genutzt werden dürfen. Für viele kleinere Planungs- oder Softwareunternehmen bedeutet das:
- Mehr Rechtssicherheit
- Potenzial für neue Geschäftsmodelle rund um Datenanalyse, Monitoring und Simulation
- Klare Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit mit größeren Akteuren
4. Datenbereitstellung an Behörden – was tun im Krisenfall?
Bei außergewöhnlichen Ereignissen – etwa Naturkatastrophen oder Versorgungskrisen – kann der Staat von Unternehmen verlangen, relevante Daten unentgeltlich bereitzustellen. Gerade im Infrastrukturbereich (z. B. bei Hochwasserschutz, Energieversorgung oder Mobilität) sollten Ingenieure prüfen, welche Daten in ihren Projekten potenziell betroffen sein könnten und wie sie verfügbar gemacht werden können.
Vorteile gezielt nutzen – Herausforderungen frühzeitig adressieren
Der Data Act bringt klare Vorteile: bessere Datenverfügbarkeit, Förderung von Innovation und Wettbewerb, Schutz vor Datenmonopolen. Doch insbesondere kleine und mittlere Unternehmen müssen sich vorbereiten, um die Anforderungen praktisch umzusetzen. Die wichtigsten To-dos:
- Systeme und Verträge auf Datenzugänglichkeit prüfen
- IT-Schnittstellen dokumentieren und vereinheitlichen
- Rollenverteilung in Datenprozessen klar definieren
- Juristische Beratung bei der Vertragsgestaltung einholen
- KMU-Ausnahmen nutzen, aber den strategischen Anschluss nicht verpassen
Jetzt handeln für die datengetriebene Zukunft
Der Data Act ist keine abstrakte EU-Regelung, sondern ein konkretes Werkzeug, um Europas Unternehmen auf die digitale Zukunft vorzubereiten. Für Ingenieur:innen eröffnet sich ein neues Spielfeld: Wer seine Projekte datenbewusst plant, Systeme intelligent vernetzt und partnerschaftlich mit Kunden und Behörden arbeitet, kann die neuen Regeln als Innovationsschub nutzen.
Weiterführende Links:
>> Originaltext des Data Act bei EUR-Lex
>> Digitalstrategie der Bundesregierung
>> Leitfaden „Datenrecht für Unternehmen“ (BMWK)
Quellen: https://kurzlinks.de/hzkh und https://kurzlinks.de/qdsl