Innovative Textilfassade „HydroSKIN“: Ingenieurtechnologie für ein besseres Stadtklima
Mit steigenden Temperaturen und immer häufigeren Starkregenereignissen stehen Städte und Gemeinden vor einer zentralen Herausforderung: Wie lässt sich der urbane Raum zukunftssicher und klimafreundlich gestalten?
Eine Antwort auf diese drängende Frage könnte ausgerechnet ein textiles Material liefern – entwickelt nicht nur mit architektonischer Kreativität, sondern vor allem mit ingenieurtechnischer Raffinesse: HydroSKIN.
Ingenieurgestützter Fortschritt für die Fassade
Die „Wasserhaut“ für Gebäude, entwickelt von der Architektin und Ingenieurin Christina Eisenbarth an der Universität Stuttgart, ist ein vielversprechendes Beispiel dafür, wie moderne Leichtbautechnologie, textile Werkstoffe und nachhaltige Stadtplanung ineinandergreifen können. Bei HydroSKIN handelt es sich um eine mehrlagige Textilstruktur, die durch Abstandsfäden eine belüftete und durchlässige Oberfläche bildet. Die Außenmembran ist wasserdurchlässig, die innere Lage leitet das Regenwasser gezielt ab – entweder zur Nutzung im Gebäude oder zur späteren Verdunstung an heißen Tagen.
Für die Ingenieurpraxis bedeutet dies: HydroSKIN integriert Funktionen der Fassadentechnik, Wasserwirtschaft und Gebäudekühlung in einem System – ein Paradebeispiel für interdisziplinäre Innovationskraft.
Kühlwirkung und Wassermanagement in einem System
Die Kühlleistung des Systems ist beeindruckend: Bei Sonneneinstrahlung von bis zu 90 Grad Celsius auf konventionellen Fassadenoberflächen kann HydroSKIN diese Temperaturen auf etwa 17 Grad reduzieren – ein Unterschied, der nicht nur das Gebäudeinnere, sondern auch das Mikroklima im direkten Umfeld entscheidend beeinflusst. Diese Verdunstungskühlung ist zugleich ein Beitrag zur Umsetzung des Schwammstadt-Prinzips, das in der urbanen Wasserbewirtschaftung zunehmend an Bedeutung gewinnt.
HydroSKIN ist also mehr als eine Hülle – es ist ein aktives Bauteil.
Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung im Fokus
Auch im Materialdesign setzt das System neue Maßstäbe: Die eingesetzten Textilien bestehen aus recyceltem Polyester und sollen künftig verstärkt aus PET-Flaschen gefertigt werden. Damit unterstützt HydroSKIN den Trend zur Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie – ein wichtiger Schritt angesichts knapper werdender Rohstoffe und wachsender Anforderungen an die Ökobilanz von Bauprodukten.
Mit einem Gewicht von nur 1,2 kg pro Quadratmeter (trocken) ist die Zusatzlast gering. Selbst im nassen Zustand bleibt sie mit maximal 4,7 kg/m² statisch unproblematisch – ein entscheidender Aspekt für die Integration in bestehende Hochhausfassaden.
Potenziale für Ingenieur:innen im Hochbau und der Stadtplanung
Für Fachingenieur:innen eröffnen sich durch HydroSKIN neue Handlungsfelder:
- In der Gebäudeplanung: Integration in Fassaden von Neubauten oder Nachrüstung bestehender Hochhäuser mit multifunktionalen Hüllen.
- In der Stadtklimaforschung: Modellierung der Auswirkungen solcher passiven Kühlsysteme auf urbane Hitzeinseln.
- Im Bereich Nachhaltigkeitszertifizierung: Unterstützung bei der Erfüllung von Anforderungen nach DGNB, BREEAM oder LEED.
- In der Wasserwirtschaft: Nutzung von Fassadenflächen zur Regenwassersammlung und -verwertung.
Auch temporäre Anwendungen – etwa für Containergebäude, mobile Klassenzimmer oder Kitas – sind denkbar und bereits in Erprobung.
Quelle: https://kurzlinks.de/x0j8