Nur genehmigungsfähige Planung ist honorarfähig – wichtige Leitsätze für die Architektenpraxis
Ein Urteil des OLG Düsseldorf (14.12.2021 – 23 U 81/21), bestätigt durch den BGH (24.04.2024 – VII ZR 886/21), bringt für Architektinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen und Ingenieure wichtige Klarheit: Ein Honoraranspruch besteht nur, wenn die geplante bauliche Anlage dauerhaft genehmigungsfähig ist. Andernfalls liegt ein Mangel der Planungsleistung vor – mit weitreichenden Konsequenzen für die Vergütung.
Hintergrund des Falls: Zwei Varianten, ein Honorarstreit
Im zugrundeliegenden Fall plante ein Architekt zunächst eine sogenannte Umbauvariante zur Schaffung hochwertigen Wohnraums unter Ausnutzung des Bestandsschutzes. Diese Variante stieß jedoch bei der Bauaufsicht auf erhebliche Bedenken – vor allem wegen fehlender Stellplätze und nachbarrechtlicher Probleme. In der Folge erarbeitete der Architekt eine alternative Neubauvariante, die schließlich genehmigt wurde.
Der Auftraggeber (AG) nahm die Baugenehmigung jedoch nicht in Anspruch, realisierte das Projekt mit einem anderen Architekten und verweigerte die Zahlung des Honorars für die erste Planungsvariante. Der Architekt forderte dennoch Honorar für beide Varianten – erfolglos.
Das Urteil: Nur genehmigungsfähige Planung ist mangelfrei
Das OLG stellte unmissverständlich klar: “Eine Planungsleistung ist nur dann mangelfrei im Sinne des Werkvertragsrechts (§§ 631, 633 BGB), wenn sie dauerhaft genehmigungsfähig ist.”
Für die mangelhafte Umbauvariante – da nicht genehmigungsfähig – besteht kein Anspruch auf Vergütung. Eine Nachbesserung wäre nur durch grundlegende Änderungen möglich gewesen, zu denen der AG nicht verpflichtet war. Für die genehmigte Neubauvariante hingegen wurde ein Honorar zugesprochen.
Konsequenzen für Planer: Genehmigungsfähigkeit ist kein "nice to have"
Planer schulden nicht nur kreative Entwürfe, sondern konkret das Ergebnis: eine genehmigungsfähige Planung. Dies umfasst bereits die früheren Leistungsphasen – insbesondere Grundlagenermittlung, Vorplanung und Entwurfsplanung. Wenn sich während der Planung herausstellt, dass Genehmigungsfähigkeit nicht erreicht werden kann, sind Planungsbüros verpflichtet, dies aktiv und frühzeitig zu kommunizieren.
Praxistipps aus dem Urteil
1. Frühzeitige Risikoanalyse:
Bereits in der Leistungsphase 1 sollten bau- und nachbarrechtliche Risiken identifiziert und mit dem Auftraggeber transparent besprochen werden.
2. Dokumentierte Beratung:
Die Beratung zur Genehmigungsfähigkeit sollte gut dokumentiert sein – idealerweise schriftlich mit Unterschrift des AG. So lässt sich im Zweifel nachweisen, dass der AG über die Risiken informiert war.
3. Vertragliche Regelung von Planungsrisiken:
Verträge sollten klar definieren, wer das Risiko bei fraglicher Genehmigungsfähigkeit trägt. Eine vertraglich vereinbarte Risikoübernahme durch den AG kann spätere Streitigkeiten vermeiden.
4. Keine Vergütung bei Mangel:
Planer sollten sich bewusst sein: Wenn die Planung nicht genehmigungsfähig ist, entfällt der Honoraranspruch – auch für bereits erbrachte Teilleistungen. Dies kann existenzbedrohend sein.
5. Genehmigung ≠ Nutzungspflicht:
Wichtig: Ob die erteilte Genehmigung letztlich umgesetzt wird, ist für den Honoraranspruch unerheblich – entscheidend ist allein, dass sie erteilt wurde.
Qualität ist Pflicht, Genehmigungsfähigkeit das Ziel
Die Entscheidung stärkt die Rechtsklarheit für beide Vertragsparteien: Architektinnen und Architekten wissen, was sie schulden – Auftraggeber, was sie verlangen dürfen. Planende Ingenieure tun gut daran, nicht nur gestalterisch zu denken, sondern von Anfang an juristische und bauordnungsrechtliche Fragestellungen mitzudenken.
Die Brandenburgische Ingenieurkammer empfiehlt allen Mitgliedern: Vertragliche Klarheit, rechtssichere Dokumentation und aktive Kommunikation mit Auftraggebern sind zentrale Bausteine erfolgreicher und honorarfähiger Planung.
Quelle: https://kurzlinks.de/t2e5